Einleitung: Dieses Tagebuch wurde von mir in 2008 verfasst, als ich nach dem Studium meine erste größere Reise in die USA unternahm. Es war der erste Flug seit der Kindheit und sowieso die erste Reise außerhalb Europas. Der Text ist daher gespickt voll neuen Eindrücken. Die zwei weiteren Protagonisten Crusy, der für ein Jahr in den USA studiert und arbeitet, und der Karlsruher Franklin sind die zwei Menschen, die mich fast täglich mein gesamtes Studium über begleitet haben. Ich hoffe Ihr habt beim Lesen genauso viel Spaß wie ich beim Rekapitulieren.
Tag 1: Fliegen macht Spaß
Müde! So kann man das Gefühl wohl am ehesten beschreiben, das ich hatte, als ich mich um 02:30 Uhr zum Bus aufmachte. Am Lübecker ZOB warteten gerade einmal drei Leutchen auf den Traveliner zum Hamburg Airport. Mit einer Dame, die zur Kur in ein Thermalbad in der Nähe von Budapest fuhr, unterhielt ich mich eine Weile. Aber ich war ehrlich zu kaputt, um lange Smalltalk zu betreiben. Im Bus schloss ich für einige Minuten die Augen, aber schlafen ging natürlich nicht.
In Hamburg angekommen fühlte ich mich erst mal wie Tom Hanks in „Terminal“. Wie geht das nochmal mit dem Gepäck aufgeben? Wo muss ich da hin? Ich fragte am Check-In-Schalter nach (da hätte ich mir den Internet Check-In ja sparen können), der verwies mich auf einen Schalter gegenüber. Gepäck abgegeben, dann in den Boarding-Bereich. Jacke aus, Laptop aus dem Rucksack, alle drei Teile in Kisten. Alles wurde durchleuchtet, aber sonst passierte nichts Wildes. Kein Laptop einschalten, kein schiefer Blick. Naja, kommt vielleicht in San Francisco.
Nochmal dreißig Minuten warten, dann kommt der Bus zum Flugzeug, einer Fokker 100. Meine Aufregung wächst, wie wird mir das Fliegen wohl bekommen? Im Flugzeug bemühe ich mich um Eigenberuhigung, die Stewardessen spulen das Notfallprogramm ab. „Scheweje kneje le forche heyche kechemeihupplaheiche….“ Niederländisch ist schön anzuhören. Alles so weich. Danach nochmal alles in Highspeed-Englisch mit niederländischem Akzent. Ich verstehe kaum mehr.
Dann geht es los. Die Turbinen laufen an, der Pilot gibt Gas. Irgendwann hebt das Flugzeug ab. Ist ja gar nicht so schlimm. Ich linse nach links – so hoch! Nach zwei Sekunden nochmal: Immer noch genauso hoch, aber schön! Ich fliege bei Dunkelheit, in der Kabine ist es auch dunkel. Unter mir aber Hamburgs Lichtermeer, unter anderem die Speicherstadt. Alles ist so bezaubernd anzuschauen, dass meine Flugangst in den Hintergrund gerät und bald verschwindet. Ich kann mich an dem Anblick kaum satt sehen. Bald fliegen wir über Land, und an die Stelle des Lichtermeers treten helle Flecken im Dunkel, bestehend aus lauter kleinen Sternchen. Wie lauter kleine Universen wirken die Städte.
An Schlaf ist nicht zu denken, der Flug von Hamburg nach Amsterdam dauert nur 45 Minuten! Mit Busfahrten, aus- und einsteigen und Flugzeug auf dem Flughafen rumkurven wächst die Zeit auf das Doppelte an. Amsterdams Flughafen ist riesig, wir kurven nahezu zehn Minuten durch die Pampa. In Amsterdam wieder ein schönes Lichtermeer, und ich finde sogar die Schleifen des Piloten beim Anflug toll. Fliegen macht ja sogar Spaß!
Nach der Landung vier Stunden Aufenthalt. Meine Reisetasche wechselt automatisch den Flieger, und ich suche mein neues Abflug-Gate. Die nächste Boarding-Prozedur gestaltet sich nur unwesentlich aufwendiger als die erste. Ich muss zusätzlich noch meinen Gürtel ausziehen, weil der vom Detektor angemeckert wird. Der Flieger ist diesmal eine „Boeing 777 (ER)“. Reichlich voll wird das Ding, aber es hat seinen Preis: Die Beinfreiheit ist minimal, fast weniger als in der Fokker. Dafür hat man vor sich ein Display, wo man aus einen wirklich großen Angebot von ca. 100 Filmen und 200 CDs sortiert nach Genres Unterhaltung auswählen kann. Dazu gibt es kleine Spielchen, und mit Kreditkarte könnte man sogar Telefonieren und Emails oder SMS schreiben.
Ich forsche aber nur kurz durch das Programm, denn nach und nach macht sich bemerkbar, dass ich seit dreißig Stunden nur kleinere Dös-Sessions eingelegt habe: Ich bekomme nach einigen Tausend Meilen unglaubliche Kopfschmerzen (BTW: Die Fluginfo meldete Flughöhe von 11500 Meter, Gesamtstrecke 9000 Kilometer, Flugzeit 12,x Stunden). Der Flug verläuft ansonsten ohne Erwähnenswertes. Ich bin sehr froh, dass der Sitz von Franklin nicht wieder besetzt wurde, so habe ich mit einem USAler auf drei Sitzen mehr Platz und Beinfreiheit. (Anm. d. Red.: Eigentlich sollte ich mit dem Karlsruher Franklin gemeinsam fliegen, aber er wurde umgeleitet.) Ich unterhalte mich einige Minuten mit ihm und registriere beruhigt, dass mein Englisch nicht ganz eingerostet ist. Ich schlafe die meiste Zeit, öfter kommen die Flugbegleiter mit Getränken, Esskram (Erdnüsse, ein Döschen Eis, zwei Hauptmahlzeiten aufgeteilt in kleinen Packungen) vorbei – diesmal muss ich an „Fight Club“ denken. Einmal auch mit Formularen des „Department of Homeland Security“ und des „Immigration Centers“, wo man seine persönlichen Daten eintragen soll. Der Landeanflug auf San Francisco gestaltet sich noch einmal sehr klasse: Bei blauem Himmel habe ich freie Sicht auf die Bay Bridge, die Golden Gate Bridge und die gesamte Stadt.
In San Francisco angekommen treffe ich bei der Passkontrolle auf Franklin, der in der Schlange neben mir steht. Natürlich tauschen wir uns erst mal über unsere Flüge aus. Die Passkontrolle selber gestaltet sich schon paranoider als die bisherigen: „Was machen Sie in den USA? – Was macht Ihr Freund? – Was arbeiten Sie in Deutschland?“ – Trotzdem bin ich nach fünf Minuten durch. Auch meine Tasche wird noch einmal durchleuchtet, wohingegen Franklin mit seinem Koffer gleich durchgehen kann. Ich muss also doch was Verdächtiges an mir haben. In der Ankunftshalle treffen wir dann auf Crusy. Wir bewegen uns zur BART und fahren zum Hostel. Es gibt schon außerhalb der Bahn manches zu sehen, unter anderem fahren wir an einigen Wohngebieten vorbei. Die Holzhütten, die die meisten Amis bewohnen, sind doch schon etwas ganz anderes als der Anblick eines europäischen Wohnviertels.
Das Youth-Hostel selber sieht sehr gut aus, wirkt fast wie ein preiswertes Hotel(, was es eigentlich auch ist, da hier jeder übernachten kann). Wir bekommen Essensmarken für das Frühstück sowie Bettwäsche ausgehändigt. Im Zimmer selbst sind drei Betten, ein Schrank, für den wir uns am nächsten Tag noch Vorhängeschlösser kaufen. Wir laden erst mal nur unsere Sachen ab und gehen sofort wieder los Richtung Bay Bridge, die nur ungefähr eine halbe Stunde vom Hostel entfernt ist. Die Innenstadt selbst wirkt an dieser Stelle fast europäisch, wenn man von den Hochhäusern einmal absieht. Den Eindruck zerstören am Ufer allerdings die palmartigen Bäume. Wir genießen auf einem Steg die Sonne, es sind angenehme 15°.
Langsam merke ich allerdings, dass etwas mit mir nicht stimmt. Gliederschmerzen und Husten lassen mich vermuten, dass ich krank werde. Gut, ich bin jetzt auch schon sicherlich dreißig Stunden auf den Beinen, habe nicht richtig geschlafen. Wir gehen zum Hostel zurück und obwohl es erst 18 Uhr ist, falle ich sofort ins Bett, hülle mich mit mehreren Lagen ein und hoffe, dass es am nächsten Tag wieder besser wird. Franklin und Crusy gehen noch kurz in ein Pub.
Tag 2: Golden Gate
Wunderbarer Zustand, um einen Tag zu beginnen: Leichte Gliederschmerzen, Schnupfen, Husten. Normalerweise wäre ich damit im Bett geblieben. Aber ich bin in San Francisco! Kein Ort, um einen Tag im Bett zu verbringen. Also quäle ich mich in die Senkrechte. Nach einer Dusche und einem kleinen Frühstück geht es dann auch einigermaßen, trotzdem fühle ich mich an diesem Tag während unserer Tour durch Fisherman’s Wharf, dem Stadtteil von San Francisco zwischen Bay Bridge und Golden Gate Bridge, wie ein alter Mann. Jeden Kilometer brauche ich eine Pause, weil die Glieder schmerzen. Wenigstens weiß ich jetzt, was im Alter auf mich zukommt.
Wir treffen uns mit Crusy um 1000 vor dem Hostel und versorgen uns mit Servietten (die Amerikanischen Taschentücher taugen laut Crusy nichts), zwei Röllchen Dope mit der Aufschrift „Complete Flu Care“ und Wasser. Dann machen wir uns auf zur nächstliegenden Cable-Car-Station. Für zwei 7-Day-Passports für jeweils 24$ sollen uns alle Öffis außer der BART offenstehen. So be it. Die Fahrt mit der Cable-Car gestaltet sich klassisch. Wir hängen uns außen an den Wagen und genießen die Fahrt, die uns unter anderem auch an der berühmten Serpentinenstraße von San Francisco, der Lombard Street, vorbeiführt. Man merkt, dass die Einwohner von San Francisco ihre Cable-Car lieben. Mit viel Gebimmel fährt der Wagen über die steilen Straßen.
Nach einer guten Viertelstunde sind wir in Fisherman’s Wharf. Die Atmosphäre einer Küstenstadt beziehungsweise eines Küstenstadtteils ist unverkennbar. Die Leute hier sind sehr entspannt. Es gibt zahlreiche Jogger, die Einwohner von San Fran genießen den sommerlichen Sonntag in der Sonne liegend oder flanieren die Küste entlang. Von hier legen Fähren unter anderem nach Alcatraz ab, es werden Rundfahrten durch die Bay angeboten und natürlich gibt es Myriaden von Souvenirlädchen. Wir gehen zuerst auf einen Steg nahe der Bay Bridge, bevor wir uns am Ufer entlang wandernd zur Golden Gate aufmachen, vom Stadtteil Fisherman’s Wharf über Marina hinweg. Von Crusy erfahren wir, dass wir mit dem Wetter richtig Glück haben, weil zum Beispiel die Golden Gate nicht im Nebel versteckt liegt. Der Weg zur weltberühmten Brücke führt teilweise direkt am Wasser entlang, teilweise am Rande einer Straße.
Die Golden Gate wirkt aus der Nähe betrachtet wahrhaft gigantisch. Steht man darunter zieht sie sich in schwindelnder Höhe über die Bay. Wir wandern einen Pfad zur Brückenebene hinauf und gehen bis zum ersten Pfeiler, was alleine schon eine gute Viertelstunde dauert. Die ganze Brücke zu überqueren, dürfte zu Fuß schon eine gute Stunde in Anspruch nehmen. Hingucker sind neben der wundervollen Aussicht über die Bay und San Francisco in der Ferne auch einige der Schilder. Die Golden Gate ist auch immer wieder der Schauplatz von Selbstmorden. Auf einem Schild neben einem Telefon steht geschrieben: „Crisis Counseling – There is hope, make the call – The consequences of jumping from this bridge are fatal and tragic.“
Nach der Golden Gate jetten wir per Bus und by our own feet zurück zum Fisherman’s Wharf, wo wir uns in einen Burgerladen mit der Bezeichnung „In ’n‘ out“ begeben. Es wird unter anderem damit geworben, dass die Pommes Frittes direkt frisch aus der Kartoffel gepresst und dann frittiert werden. Seltsamerweise finde ich diese nicht besonders schmackhaft, was aber wohl weniger an dieser Zubereitung liegt. Denn am folgenden Tag komme ich erneut in Kontakt mit Pommes dieser Machart und die waren gut. Danach bin ich kaum mehr gehfähig, trotzdem wandern wir noch die Küstenstraße an den Souvenirlädchen entlang und auf Pier 39. Dieser hat atmosphärisch Ähnlichkeiten mit einem Vergnügungspark und besteht aus zahlreichen kleineren Buden und Lädchen. So gibt es hier neben Poster-, Souvenir-, T-Shirt und Spielwarenläden beispielsweise auch einen Laden, wo man nur Magnete kaufen kann, oder einen Gaukler, der auf einer kleinen Bühne seine Show aufführt.
Wieder im Hostel angekommen, bin ich körperlich so zerschlagen und fühle mich so krank, dass ich schon Sorge habe, ein oder zwei Ruhetage im Bett einschieben zu müssen. Doch glücklicherweise sollte es mir am nächsten Tag schon wieder besser gehen; vielleicht hat das Dope doch etwas gebracht.
Tag 3: Golden Gate Park
Glücklicherweise fühlte ich mich am Morgen wieder relativ fit, verglichen mit dem vorherigen Tag. Ein wenig Husten und Schnupfen war mir von den Gebrechen noch geblieben. Da Crusy heute wieder bis 17:00 Uhr arbeiten musste, machten Franklin und ich uns alleine auf den Weg. Crusy hatte uns zu diesem Zweck eine Textdatei mit zahlreichen Tipps zu Sehenswürdigkeiten mitgegeben, aus der wir uns heute einige herauspickten. Heute sollte das vorrangige Ziel der Golden Gate Park sein. Mich persönlich interessierte dort der von Crusy besonders erwähnte japanische Teegarten. Vom Hostel, das sich übrigens 312 Mason Street befand, wanderten wir südlich bis zur Market Street, und von dort nach Südwesten, um dann westlich der prunkvollen City Hall in einen Bus zu steigen.
Es ist bemerkenswert, wie schnell in San Francisco die Atmosphäre von einer Straße zur nächsten wechselt. Befindet man sich eben noch im von asiatischem Flair geprägtem Chinatown, findet man eine Straße weiter schon keine Spur mehr davon. Genießt man im einen Moment noch die Sonne unter Palmen an den Piers des Embarcadero, so ist man einen Schritt in die Stadt hinein inmitten von Schatten spendenden Hochhäusern unter Geschäftsleuten. So auch in diesem Teil der Stadt: Auf der Market Street sehen wir des Öfteren bemitleidenswerte Gestalten, die sich beispielsweise in Hauseingängen einen Verschlag gebaut haben. An der City Hall angekommen regiert dafür wieder der Prunk. Wir steigen in einen der an Oberleitungen angeleinten Elektrobusse und fahren bis zur nordöstlichen Ecke des Golden Gate Park, wo wir in selbigen eindringen.
Der Park ist schön angelegt und mehr als nur ein Flanierviereck. Neben dem schon erwähnten Teegarten befinden sich hier zahlreiche sportliche Anlagen, ein Arboretum, ein botanischer Garten und noch vieles mehr. Angesichts der Vegetation ist der Park für uns natürlich auch ein besonderes Erlebnis, so entdecken wir hier sogar einen Bananenbaum. Obwohl unser Ziel der Teegarten in der Mitte des Parks ist, schlendern wir relativ chaotisch durch den Park, entdecken dafür aber auch das eine oder andere. Der Teegarten selbst kostet natürlich einige Dollar eintritt, ist das aber auch mehr als wert. Inmitten des größeren Parks ist dies noch einmal ein besonderer Rückzugsort, der dazu einlädt, für eine kurze oder auch längere Zeit die stressige Außenwelt hinter sich zurück zu lassen.
Nach einer guten Stunde wandern wir weiter durch den Park zu unserem nächsten Ziel, dem Pazifik. Wir bemühen uns nun um einen relativ direkten Weg, trotzdem verlaufen wir uns das eine oder andere mal. Kurz vor dem Ozean in der nordwestlichen Ecke des Parks ruhen wir dann noch einmal kurz unter der „Dutch Windmill“ inmitten von Tulpenbeeten aus, bevor wir uns zum Strand begeben.
Nach dieser nächsten Premiere, dem ersten Mal am Pazifik, gehen wir zur nächstgelegenen Bushaltestelle und fahren zurück ins Hostel. Da wir noch etwas Zeit haben bis Crusy uns abholt, um uns eine lokale Kneipe zu präsentieren, gehen wir zwei Blocks weiter ins Westfield Einkaufscenter. Dort versorgen wir uns mit Essen und gehen dann ins „Borders“, die Filiale einer größeren Buchkette. Wie Crusy zu Recht meinte, kann man hier durchaus mehrere Stunden verbringen. Der Laden ist nicht erdrückend riesig, aber wirklich groß und hat unter anderem auch sehr viel SF- und Fantasy-Literatur zu bieten. Außerdem darf man nach Lust und Laune in den Büchern schmökern.
Als wir nach einiger Zeit wieder im Hostel ankommen, wartet Crusy schon vor dem Eingang. Wir bringen nur die Sachen nach oben und wandern dann los. Heute sollte es das „Zeitgeist“ sein. Der Laden entpuppt sich als Mischung aus Country-Biergarten, Hard-Rock-Schuppen und From-Dusk-Till-Dawn-Scheune. Der Innenraum ist vergleichbar mit einem Saloon angepasst auf das 21. Jahrhundert, fast alles ist aus Holz. Wir durchschreiten ihn in einen großen Innenhof, wo wir uns niederlassen, obwohl es heute schon reichlich kühl ist.
Da ich das Wetter bisher noch nicht lobend erwähnt habe: Besser konnte es nicht sein. Wir haben durchgängig blauen Himmel, immer 15-20° am Tag. Nur im Schatten und des Abends wird es etwas kühl, aber dies ist sicherlich keine Beschwerde. Dies führt allerdings dazu, dass die Einwohner von San Francisco, die in Holzhäusern wohnen, sich zur Nighttime mit mehreren Lagen Kleidung ins Bett legen müssen, da die Innenräume ohne Heizung schnell runter kühlen. Und es gibt viele Häuser, die keine haben. Im Hostel haben wir glücklicherweise diesen Luxus.
Wir bestellen zuerst einen Krug Bier sowie danach jeder auf Empfehlung von Crusy eine Bloody Mary. Hell yeah: Für mich, der die harten Alkoholika nur selten anrührt, war diese ein wenig zu Bloody und zu wenig Mary. Nebst Tabasco, Pfeffer, Salz, etc. landet hier auch unter anderem noch Meerrettich in dem höllischen Gebräu. Wir bleiben noch einige Zeit und machen uns zu recht früher Stunde wieder zurück ins Hostel auf, da Crusy am folgenden Tag wieder arbeiten und auch noch für sich selbst sorgen muss.
Wie versprochen noch ein erstes Fazit zu San Francisco meinerseits nach drei Tagen: Die Stadt ist wunderschön, daran gibt es nichts zu deuteln. Gut, natürlich sehen wir vorzugsweise die Touristenecken und die „sicheren“ Ecken der Innenstadt. Ich glaube, die anderen wollen wir auch lieber gar nicht erforschen. Aber die Atmosphäre mit der Mischung aus Amerikanischer Metropole, Küstenstadt, Urlaubsort und vielem mehr ist sehr faszinierend. Es gibt unglaublich viel zu entdecken. Ich hatte zuerst Sorge, dass mich Amerika bzw. die Stadt förmlich erschlägt, aber man findet sich doch schnell zurecht. Ansonsten habe ich das Gefühl: Hier ist alles nur eine Spur dicker aufgetragen. Ist Europa ein Aquarellgemälde, so sind die USA ein Bob-Ross-Painting: Die Häuser höher, die Straßen breiter, die Autos dicker, die Slums slummiger, die Luxusgegenden prunkvoller, die Cops härter. Die San Franciscanians sind freundlich, höflich, zuvorkommend, kommunikativ. Mehr fällt mir jetzt nicht ein.
Tag 4: China Town
Heute entschließen Franklin und ich uns für eine Tour über den Coit Tower, den Aussichtsturm im Nordosten San Franciscos, die Piers und gegebenenfalls Alcatraz sowie Chinatown. Wir nehmen wieder ein Cable-Car von der gleichen Haltestelle wie am Sonntag, als wir mit Crusy zur großen Tour aufgebrochen sind, erwischen dieses Mal aber eine andere Linie. Lustigerweise landen wir dadurch aber näher am Coit Tower, als wir mit der anderen von uns eigentlich präferierten Linie hätten ankommen können.
Nach einer halben Stunde landen wir am Turm, der nach einer Lillie Hitchcock Coit benannt ist, aus deren Vermächtnis unter anderem dieser Turm erbaut wurde. Von oben hat man einen herausragenden Ausblick in jeder Richtung. Viele Worte muss ich darüber meines Erachtens nicht verlieren, lieber ein paar Bilder zeigen.
Hiernach wanderten wir zu den Piers, wo wir erst einmal eine Weile nach den Fähren nach Alcatraz fahndeten. Nach einem Ben & Jerrys (Ja, Schleichwerbung, aber das ist halt einfach lecker…) waren wir erfolgreich. Es gibt tatsächlich nur Touren auf die Insel, und die kosten pro Nase 24,50$. Für heute sparen wir uns das, auch wenn wir die Tour auf jeden Fall noch machen wollen.
Stattdessen lenken wir unsere Schritte auf das Cable-Car nach Chinatown, das aus den zwei Hauptstraßen Kearny Street und Grant Avenue sowie den kleineren Verbindungsstraßen besteht. Der Eindruck dieses kleinen Subraums innerhalb San Francisco ist sehr faszinierend. Hier findet man praktisch alles. Am häufigsten anzutreffen sind alle Sorten von Lebensmittelläden, Souvenir- und Kitschboutiquen sowie die typisch asiatische Ladenform, wo man irgendwie alles finden kann, was man zum Leben so braucht.
Der Stadtteil unterscheidet sich, natürlich hat es jeder schon auf Bildern oder im TV gesehen, auch im äußeren Antlitz vom Rest San Franciscos. Die Fassaden der Gebäude sind asiatisch angehaucht und die Straßen überspannen Glitterspielchen, Fähnchen und sonstige Dekoelemente.
Tag 5: Lombard Street
Da wir an diesem Tag mit Crusy gemeinsam Mittagessen gehen wollen, entscheiden wir uns für eine Tour in die nähere Umgebung. Da wir die Lombard Street noch nicht selbst gelaufen sind, sondern nur aus der Ferne gesehen haben, besteigen wir wieder einmal das altbekannte Cable-Car einige Blocks von unserem Hostel entfernt. Allmählich fühlt sich der Weg schon so vertraut an wie der tägliche Weg zur Arbeit am Morgen.
Wir verpassen eine Cable-Car knapp und müssen daher diesmal etwas länger warten. Wir erwischen die Linie, die unterhalb der Lombard Street entlang fährt. Unter der sengenden Sonne machen wir uns an den Aufstieg. Meine Güte, ist die Straße steil. Weniger der berühmte, nur sehr kurze Serpentinen-Part im oberen Bereich, sondern eher der gerade Teil. Bei den Serpentinen muss ich an die Verfolgungsjagd durch San Francisco aus dem Film „Is‘ was Doc?“ mit Ryan O’Neal und Barbra Streisand denken. Wer den Film nicht kennt: Unbedingt ansehen.
Wir schauen uns noch ein wenig auf dem Hügel in „Russian Hill“ um, dann wandern wir wieder zurück nach unten in den Stadtteil „North Beach“, besser bekannt als „Little Italy“. In der Columbus Street um den Washington Square finden sich zahlreiche Ristorantes und Cafés, die teilweise sogar offensiv um Gäste werben. Wir gehen auf dem Bürgersteig und werden nacheinander von drei Waitern angesprochen, ob wir nicht Hunger haben und Italienisch mögen. Franklin und ich gehen in ein schickes Café und genehmigen uns einen Macchiato und einen Cappuchino mit etwas Süßkram. Danach flanieren wir noch etwas durch den Stadtteil, der sich ansonsten unspektakulär und aufgeräumt präsentiert (nicht so überladen wie Chinatown).
Um die Mittagszeit treffen wir uns mit Crusy wieder in der Market Street, der großen Hauptstraße, die diagonal von der Bay bis Castro bzw. Twin Peaks durch die gesamte Innenstadt verläuft. Wir haben ein angenehmes Mittagsmahl in einem Chinesischen Restaurant, wo sich offensichtlich alles auf die arbeitende Bevölkerung eingestellt hat. Der Laden ist verhältnismäßig groß und wirkt fast kantinenlike, die Preise sind sehr zivil, das Essen schnell serviert, aber frisch aus dem Wok und sehr lecker.
Danach wandern Franklin und ich zu Apple und zu Virgin, während Crusy noch einmal arbeiten fährt. Ich wollte mir einen iPod Touch gönnen, den Plan habe ich schon vor den USA gefasst, und ihn mir jetzt noch einmal in live anschauen – obwohl ich ihn schon von ennonymous präsentiert bekommen habe. Doch wie sich herausstellt, ist es extrem ungünstig, Freunden von den Vorzügen eines iPods zu erzählen. Innerhalb von fünf Minuten war Franklin angefixt. Selbst die „Nacht drüber schlafen“ war ihm offenbar zu lange, denn schon drei Stunden später, als wir uns mit Crusy erneut für das Abendprogramm treffen, rast er wieder in den Laden und fleht den Verkäufer auf Knien an, ihm so ein Teil auszuhändigen. Okay, ich übertreibe. Aber so ähnlich war es. Da man bei Apple leider nicht mit EC-Karte/Maestro zahlen kann, vertage ich meinen Einkauf auf morgen. Von Crusy ernten wir ob unseres kindlichen Enthusiasmus über die neuen Spielzeuge väterliches Lächeln.
Danach bringt Crusy uns zu Amoeba. Irgendwer muss das geplant haben, armer Franklin. Erst der iPod, jetzt eine kleine Lagerhalle voll mit CDs, sowohl neue, als auch gebrauchte bzw. für wenig Geld im Ausverkauf befindliche. Außerdem gibt es auch Schallplatten beider Kategorien, wie ich erfreut feststelle. Wir wühlen uns sicher zwei Stunden lang durch Myriaden von Scheiben, bis wir am Ende jeder fröhlich mit einer Menge von fünf bis zehn Alben wieder aus dem Laden stiefeln. Ein Tag im Zeichen der Musik.
Hiernach wandern Franklin und ich ins Hostel zurück. Vor allem ich habe ein kleines Mittagsschläfchen nötig, da ich immer noch arg geschwächt bin. Abends gehen wir mit Crusy dann noch in ein Irish Pub.
Tag 6: Mission D(istrict|olores)
An diesem Morgen müssen wir nicht lange überlegen, wohin uns unsere Schritte tragen sollen. Für diesen Tag hatten wir uns schon am Vortag als Ziel die „Twin Peaks“ sowie das mexikanische Stadtviertel „Mission“, im Südosten der beiden Hügel gelegen, ausgeguckt. Wir fahren mit der Straßenbahn bis Endstation Castro und machen uns zu Fuß auf den Weg zu den Peaks. Natürlich entdecken wir auf dem Weg dorthin des öfteren Flaggen in den Farben des Regenbogens, denn Castro ist als Hochburg der Gay-Szene bekannt.
Bis wir auf einem der Hügel sind, müssen wir mal wieder ganz schon ackern. Aber der Blick von oben entschädigt mal wieder. Gut, langsam ist es ziemlich lame, das zehnte Panorama zu präsentieren, aber da San Francisco nun einmal die Stadt der Hügel ist. Zumindest sage ich das jetzt mal so.
Danach fahren wir per Bus den Hügel wieder hinunter (irgendetwas ist da falsch gelaufen) und direkt nach Mission hinein. Wir steigen in der Dolores Street aus und suchen die gleichnamige Mission Dolores. Die Mission war eines der ersten Gebäude in der näheren Umgebung und wir entscheiden uns für eine Besichtigung des alten Gebäudes. Neben dem Innenraum gibt es ein kleines Museum und den alten Friedhof anzuschauen. Außerdem hat die Kirche direkt neben die Mission eine hübsche Basilika geflanscht, die wir dann auch noch mitnehmen.
Hiernach dringen wir weiter nach Osten in das Zentrum von Mission vor. Dieses besteht aus den beiden Hauptstraßen 16th und 17th Avenue sowie der näheren Umgebung in Richtung Süden. Mission macht – eigentlich im Gegensatz zur italienischen Variante North Beach – einen extrem lebendigen, dafür auch nicht ganz so gepflegten Eindruck und ist für meine Begriffe, vor allem was die Vielzahl kleinerer Lädchen betrifft, eher mit Chinatown atmosphärisch verwandt. Allerdings werden sich in diese Ecke wohl nicht so viele Touristen verirren.
Wir finden einen mexikanischen Imbiss, der uns anspricht. Der Laden ist wieder etwas größer, man bestellt an einer Theke sein Menü (Tacos, Buritos, Quesadillas, …), bezahlt an der Kasse und kann sich dann einen Platz suchen, um das georderte zu verzehren. Ich entscheide mich für einen Taco der größten Variante und bekomme noch Nachos dazu. Das Ganze ist dann so schmackhaft, das ich Franklin dazu nötige, die Lokalität die kommende Woche nochmal aufzusuchen. Er hat allerdings auch nichts dagegen einzuwenden.
Hiernach fahren wir wieder ins Hostel zurück. Am Abend treffen wir uns noch mit Crusy, um uns in einem Cinema der alten Schule (das hat sich sicher seit seiner Entstehung Anfang der 80er nicht verändert) relativ nah am „Amoeba Musicstore“ Woody Allens „Annie Hall“ anzusehen.
Tag 7: Resting Day
Heute ist ein lazy day. Franklin und ich fahren zur Bay, buchen unsere Plätze für Alcatraz für Dienstag Vormittag und schlendern dann durch die Souvenirlädchen in Fisherman’s Wharf. Wir kaufen Postkarten und ich genehmige mir einen Hut. Zum Mittagessen gibt es Clam Chowder. Dann fahren wir quer durch die Stadt zum Golden Gate Park, um dort Postkarten zu schreiben. Dummerweise ist das eine andere Klimazone und das Wetter dort viel zu kalt zum Schreiben. Also fahren wir nach fünf Karten wieder zurück zum Hostel. Tag vorbei.
Abends fahren wir mit Crusy zusammen noch auf Treasure Island, einmal über die Bay Bridge, um ein Foto von San Francisco vom anderen Ufer aus zu schießen:
Tag 8: Die Weingebiete
Um 09:30 Uhr stehen wir heute Morgen beim Autoverleiher namens Thrifty auf der Matte, wo wir am Donnerstag einen Wagen für das Wochenende reserviert haben. Einen kurzen Schreck gibt es noch, weil der Verleiher (eigentlich natürlich) Kaution haben will, wir die aber nicht einkalkuliert haben, weil davon am Donnerstag nicht gesprochen wurde. Doch da der Verleiher die glücklicherweise nicht Cash, sondern nur als „Hold“ auf einer Kreditkarte haben will, klappt dann doch alles. Wir bekommen einen dicken Chrysler ausgehändigt und dürfen dann los dübeln.
Wir fahren quer durch die Stadt in Richtung Golden-Gate-Bridge. Vom Auto aus San Francisco zu sehen, ist nochmal ein ganz neues Erlebnis. Außerdem genießen wir es natürlich mit dem Auto über die Golden-Gate zu fahren. Bald lassen wir das Zentrum hinter uns und fahren durch die kleinen Vorstädte von San Francisco. Die Vegetation ist hier noch ziemlich kärglich, das Grün recht spärlich. Wir entdecken sogar vereinzelt Kakteen neben der Straße. Wir fahren die 101 (Autobahn-vergleichbar) bis Novato und dann auf eine kleinere Straße (Bundesstraße) Richtung Osten. Ganz allmählich wird alles etwas grüner und noch hügeliger. Bald entdecken wir auch die ersten Weinberge.
Wir halten uns immer Richtung Sonoma- und Napa-Valley, die zwei bekanntesten Weintäler der Gegend. Laut Reiseführer sollen die Winzer hier auch für weinbegeisterte Touristen umsonst oder für einen kleinen Obulus Weinverkostungen anbieten. Wir entscheiden uns für das etwas weiter entfernte Napa-Valley und halten Ausschau nach Einladungen am Straßenrand. Wir müssen unsere Augen auch nicht groß anstrengen. Fast an jeder Einfahrt finden sich Schilder wie „Guests welcome“ oder „Testing room open“. Unsere erste Station ist „Rutherford Grove Winery“. Hier sind nicht viele Gäste, so dass wir schnell freundlich angesprochen werden, ob wir „testen“ wollen. Natürlich bejahen wir. Franklin und ich teilen uns ein Glas und müssen, falls wir nichts kaufen, 10$ zusammen bezahlen. Wir kosten uns durch drei hochklassige Weine, von denen ich zwei vorzüglich finde. Die Entscheidung fällt schwer, und ich nehme einen Cabernet Sauvignon mit, den ich für einen besonderen Anlass aufheben werde.
Wir fahren im Laufe des Nachmittags noch weiter die Weinstraße entlang und halten bei zwei weiteren Winzern. An der zweiten Station ist es richtig voll, und wir gelangen nur mit Mühe an zwei Gläser. Wir probieren uns durch zwei Weissweine, die mir sehr gut gefallen und vier Rote, von denen mir keiner besonders zusagt. Franklin entscheidet sich für einen der Weißen. An der letzten Station ist es wieder sehr ruhig und Franklin wählt nach seiner Probe hier einen Roten aus. In Calistoga versorgen wir uns schließlich mit Wasser, dann fahren wir über das Sonoma Valley wieder zurück nach San Francisco. Die Stimmung am späten Nachmittag in den Weingebieten ist sehr faszinierend. Die Farben und der Lichteinfall muten zusammen sehr herbstlich an, dabei ist es Februar.
Tag 9: Santa Cruz
An diesem Tag müssen wir im Hostel unsere Siebensachen zusammen packen, denn wir wechseln vom Downtown Hostel mitten in der Stadt ins sogenannte Fisherman’s Wharf Hostel. Dieses liegt leicht außerhalb des Zentrums, dafür recht malerisch an der Küste zwischen Piers und Golden-Gate-Bridge. Nach dem Auschecken warten wir auf Crusy, der uns mit dem Wagen um 10:00 Uhr abholt. Wir verstauen unseren Kram, dann geht es auf nach Santa Cruz. Zumindest nach einer knappen Stunde, weil wir uns komplett in San Francisco verfahren.
Wir nehmen die (berühmte) Bundesstrasse 1, die aus dem Norden durch San Francisco führt und sie Richtung Süden wieder verlässt. Zuerst geht es durch einige wenige Vorstädtchen, dann durch hügelige Wälder und an einer Steilküste entlang und zum Schluss einfach nur durch grasiges Gelände nahe dem Pazifik immer weiter nach Süden. Wir halten des öfteren an Aussichtspunkten an der Pazifikküste und wandern am Strand entlang. Irgendwann wechseln wir die Fahrerposition von Crusy zu mir und ich darf unseren Chrysler auch nach Santa Cruz (und zurück) chauffieren. Der Wagen ist ganz nett und luxuriös ausgestattet, aber nicht richtig mein Fall. Außerdem ist er etwas PS-arm. Als sehr praktisch erweist sich auf den langen Strecken mit Maximum 55mph (ca. 100km/h) der Tempomat; so kann man seinem rechten Fuß auch mal etwas Entspannung gönnen.
Tag 10: Sausalito
Heute sind Franklin und ich uns zu Tagesbeginn unschlüssig, was wir veranstalten wollen. Es ist scheinbar der letzte richtig schöne Tag, also picken wir uns aus Crusys großer Liste Sausalito heraus, ein kleines Städtchen gegenüber der Bay, wohin man am Besten per Fähre gelangt. Nach einer Dusche (Örks, Gemeinschaftsduschen… ich hasse es, wenn man nicht weiß, an welchen Platz man seine Kleidung legen kann ohne dass sie nass wird) und einem Frühstück, das absolut identisch ist wie das im anderen Hostel, brechen wir auf.
Wir latschen zu Fuß zum Endhaltepunkt des Cable-Car in Fisherman’s Wharf und kaufen zuerst noch einen 3-Day-Passport, mit dem wir bis zu unserem Abflug die Öffis frei nutzen dürfen. Dann wandern wir zum sehr nahen Abfahrtsort der Fähren an den Piers. Wir sehen, dass die nächste Fähre nach Tiburon und Sausalito innerhalb der nächsten Stunde fährt und verbringen diese in Fisherman’s Wharf, bevor wir mit einem Ben & Jerrys in der Hand zurück an den Pier gehen und auf die Fähre warten. Wir sind zweite in der Reihe, vor uns stehen noch einige USAler, die sich mit uns etwas unterhalten und uns einige Tipps bezüglich Reiseziele geben. An sich sind sie sehr nett, aber auf der Fähre werden sie doch langsam etwas anstrengend, da sie uns fortwährend erzählen, dass wir doch unbedingt Da-und-Da vorbeischauen müssen, weil das die schönste Ecke Californiens sei und dass sie da übrigens geheiratet hätten.
Über Tiburon landen wir in Sausalito. Das ehemalige Fischer-Städtchen besteht nur aus einer Küstenstrasse, wo es die üblichen Lädchen gibt, nur diesmal in besonders edel, und aus einem riesigen Wohngebiet. Wir wandern durch das wirklich attraktive Wohngebiet, das sich den Hang weit hinaufzieht und das mich in seiner Art etwas an die Wohngebiete in Heidelberg erinnert: Teure Häuser direkt am Hang, die Garage ganz oben auf dem Haus und darunter vier weitere Wohnstockwerke. Die Aussicht ist von überall super, und das eine oder andere Häuschen ist mehr als nur einen Blick wert. Hmm, hier ein Häuschen für die Wintermonate in Deutschland… Gut, wo ist der Lottogewinn?
Irgendwann reicht es uns und wir gehen wieder runter und zurück auf die Fähre nach San Francisco. Abends lassen wir dann mit Crusy zusammen die alte Tradition wieder aufleben: Wir kaufen uns zwei Sixpacks Bier, Chips und Eis und schauen uns bei ihm zwei Filmchen an: Bullitt (vor allem, weil er in San Fran spielt) und Reservoir Dogs – zwei echte Klassiker.
In Santa Cruz schauen wir zuerst bei den ausgeschilderten „Natural Bridges“ vorbei. Der Reiseführer schweigt sich etwas darüber aus und am genannten Ort ist nur wenig zu sehen. Wir vermuten, es handelt sich um einige Steinformationen, die sich vom Land aus in den Pazifik erstrecken. Richtig beeindruckend ist das aber nicht. Wir stellen den Wagen in einem Wohngebiet ab und wandern dann Richtung Strand. Unsere Schritte lenken uns zuerst auf einen Pier, wo es die üblichen Souvenirlädchen gibt und wo wir uns was zu Mittagessen kaufen. Danach wandern wir an der Küste längs. Am riesigen Strand ist, bedingt durch 20° in der Sonne mit viel Wind, nur wenig los: Nur vereinzelt liegen einige Unerschrockene auf ihren Handtüchern. Es gibt allerdings zahlreiche Volleyballfelder, die allesamt belegt sind.
Nach ein, zwei Kilometern treffen wir auf einen kleinen, gut besuchten Vergnügungspark. Wir schlendern ebenfalls einmal durch, und gehen dann direkt am Wasser die Strecke zurück zum Auto. Wir sind dann sogar um 18:00 Uhr wieder in San Francisco, so dass Crusy den Wagen zum Verleiher zurückbringen kann, während wir in unser neues Hostel einchecken. Es ist auf jeden Fall von der Lage her sehr viel schöner, und von der Ausstattung etwas heimeliger. Einziger Wermutstropfen: Wir checken fast zeitgleich mit einer Schulklasse ein (YAK!), was dem Aufenthalt einen Spritzer nervige Klassenfahrt-Atmosphäre gibt.
Tag 11: Alcatraz
Heute haben wir Reservierungen für Alcatraz, das berühmte Museumsgefängnis (Gefängnismuseum?) vor der Küste von San Francisco. Wir machen uns bei schlechtem Wetter und anfänglichem Dauernieselregen auf den Weg zum Pier. Ich nehme gegen die Feuchtigkeit von oben meinen kürzlich erworbenen Hut mit, der mich in San Francisco zwar zum ultimativen Touristen abstempelt, weil der hier in jedem Souvenirladen verkauft wird. Dafür ist er allerdings extrem praktisch gegen den Regen.
Wir reihen uns in die lange Schlange zur Fähre ein, lassen uns einmal obligatorisch vor einer Fototapete ablichten (das Bild kann man hinterher für teuer Geld erstehen) und müssen dann glücklicherweise nicht allzu lange warten, bis wir an Bord dürfen. Die Fahrt dauert natürlich nicht länger als einen Jiffy. Auf Alcatraz angekommen entscheiden wir uns angesichts der Masse an Leuten, die auf eine Tour warten, für die eigenständige Erkundung der Insel.
Auch den Audio-Guide lassen wir links liegen; hinterher erfahren wir von Crusy, dass der ziemlich gut sein soll, da auch von ehemaligen Insassen und Wärtern vorgetragen. Aber gut, auch so ist Alcatraz durchaus ein faszinierendes Erlebnis. Sehr viele Gebäude auf der Insel sind natürlich zerstört, entweder auf natürliche Weise durch das raue Klima auf der Insel oder durch eine größere Feuersbrunst vor einigen Jahrzehnten. Was noch steht, ist in einem teilweise ziemlich üblen Zustand, verrottet, verrostet and worse. Doch trotzdem bekommt man noch einen guten Eindruck vom „Leben“ der Gefangenen und der Wärter auf der Insel.
Die Gefangenen hatten auf jeden Fall ein sehr beengtes Leben, die Zellen sind schätzungsweise gerade zwei mal eineinhalb Meter groß und bieten Platz für eine Liege, eine eigene Toilette, ein Waschbecken und ein paar wandmontierte Regalbretter. Und von diesen Zellen existieren vier Zellenreihen á circa 3(Etagen)*40 Zellen, alle in einem Gebäude. Darin gibt es außerdem einen größeren Speisesaal, wo vermutlich jede Zellenreihe einzeln essen durfte, einen Besucherbereich und einen riesigen Innenhof, wo sich die Gefangenen zu festgelegten Zeiten die Füße vertreten durften. That’s it. Einige Privilegierte durften auf der Insel als Gärtner arbeiten oder in einer der kleinen Firmen Kleidung schneidern.
Auch die Bediensteten hatten natürlich kein tolles Leben. Für die Gehobeneren gab es drei Häuser, die anderen Wärter bezogen mit ihren Familien ein Apartment in einem größeren Gebäude. Die Kinder mussten täglich mit dem Schiff nach San Francisco übersetzen… alles in allem trifft wohl der Satz zu, den der letzte Gefangene Frank Wathernam nach der Schließung des Gefängnisses äußerte: „Alcatraz was never no good for nobody.“
Wir verlassen die Insel um 15:00 Uhr und genehmigen uns jeder noch ein Krabbenbrötchen, bevor wir unter erneutem Regen zurück ins Hotel wandern. Abends gehen wir mit Crusy zusammen noch in ein Irish Pub. Mir fällt während dieser Tour wieder ein: Es gibt eigentlich wirklich viele Anekdoten oder Details zu berichten, die dann aber doch irgendwie beim Bloggen immer hintenüber fallen bzw. vergessen werden. Ein Detail fällt mir gerade ein: Wir sehen vor dem Irish Pub einen Mann wieder, den wir häufig gesehen haben, als wir noch im Downtown Hostel wohnten. Er trägt ein Schild: „I will take verbal abuse for your change.“ – That’s definitely real San Francisco.
Tag 12: The last day
Über den letzten richtigen Tag in San Francisco gibt es wenig zu berichten. Wir fahren noch einmal mit dem Bus in den Mission District, schauen uns dort ausführlicher um als das letzte Mal. Der Mission District ist das mexikanische Viertel San Franciscos. Wie in Chinatown gibt es in dieser Subkultur zahlreiche kleine Geschäfte, die die Straßen Valencia Street und Mission Street in der Nord-Süd-Achse und 15th Street bis 25th Street in der West-Ost-Achse säumen.
Die Straßen sind extrem belebt und die Sinne werden von Myriaden von Eindrücken bombardiert. Auch dies hat Mission District mit dem asiatischen Chinatown oder auch mit der amerikanischen Market Street und zu einem kleinen Teil auch dem touristischen Fisherman’s Wharf gemein. Interessanterweise ist Little Italy als einzige Subkultur eher ruhig-gemütlich und die Cafés und Restaurants deutlich in der Überzahl gegenüber den kleinen Geschäften.
Wir kehren erneut in der Taceria ein, wo wir schon vor einigen Tagen schmackhaft gegessen haben. Ich erstehe diesmal Quesadillas auf der Basis von Chorizos, Franklin kauft sich einen Burrito. Von der Menge her ist beides sehr reichlich, die Qualität yummy und der Preis überaus fair. Franklin ersteht danach in einem der kleinen Läden noch einen bill… äh, preiswerten Koffer. Dann geht es zurück ins Hostel.
Wir versuchen danach erneut einen Internet-Check-In, der aber zuerst gar nicht klappen will. Wir sind einfach zu früh dran. Danach hat Franklin Probleme mit seinem Ticket. Wir vermuten, das liegt daran, dass sein Hinflug auf Air France umgebucht wurde und dass es jetzt ein kleines Kuddelmuddel im System gibt. Auf jeden Fall muss er an einen Schalter am Airport. Mein Check-In klappt nach einigen Stunden reibungslos, trotzdem muss auch ich an einen Schalter, da man sich nur dann selbständig einen Boarding-Pass ausdrucken soll, wenn man nur mit Handgepäck reist. Nun gut…
Abends treffen wir uns noch einmal mit Crusy, der für uns während der Zeit in San Francisco ein vorzüglicher und herausragender Host war. Die Zeit zusammen war extrem spaßig, und auf diesem Wege noch einmal ein gigantisches Danke! Wir beschließen die Zeit in San Francisco mit einem erneuten Kino-Besuch. In einem Standard-Kino-Tempel (okay, Amerika setzt auch hier Maßstäbe: Circa 15 Kinosäle in einem Gebäude, jedes so groß wie der größte Saal in einem Cinemaxx in Deutschland) schauen wir uns „Jumper“ an, den man als Standard-Action-Reißer empfehlen kann. Viel Story gibt es nicht, dafür eine 08/15-Liebesgeschichte. Und Samuel L. Jackson darf mal wieder den Coolen spielen.
Schreibe einen Kommentar