Es begab sich, dass ein Mensch eine Reise tun wollte. Eine Wanderung in Nordspanien sollte es sein, genauer gesagt der Camino Primitivo. Doch vor und nach eine solche Wanderung hat das Schicksal eine Flugreise gelegt. Über diese Flugreisen – und was hierbei so alles auf einmal schief gehen kann – ist dieser Beitrag. Über die Wanderung selbst wird es später einen eigenen Beitrag geben.
Da die Wanderung in Oviedo in Asturien starten sowie in Santiago de Compostela in Galizien enden sollte, suchte ich frühzeitig im Winter nach zwei eigenen, möglichst günstigen Verbindungen. Da Start- und Zielflughafen nicht in der Nähe von riesigen Metropolen liegen, wurde es leider kein Direktflug. In beiden Fällen musste einmal umgestiegen werden. Ich entschied mich auf dem Hinflug für TAP Air Portugal über Lissabon sowie auf dem Rückflug für EasyJet mit Umstieg in London Gatwick. Mit beiden Fluggesellschaften hatte ich vorher nie irgendwelche Erfahrungen gemacht, und die hauptsächliche Basis für die Entscheidung war der günstige Preis.
Der Hinflug von Hamburg nach Lissabon am Freitag Morgen bereitete noch keine Probleme, außer dass ich eine sehr kurze Nacht hatte, da der Flieger schon vor sieben Uhr startete, und ich um kurz nach vier Uhr aus den Federn musste. In Lissabon hatte ich schließlich acht Stunden Aufenthalt. Auch wenn ich in dieser Zeit den Flughafen bald in- und auswendig kannte, ist nur wichtig, dass ich jede Stunde einmal auf die Abflugtafel schaute, ob dort schon ein Gate ausgewiesen war. Doch es scheint Mode zu werden, die Gates erst kurzfristig eine gute Stunde vor Abflug bekannt zu geben. Bis zwei Stunden vor Abflug war dort noch nichts zu sehen.
Ich wusste schon grob, dass die Airlines in derartigen Fällen Hotels und neue Flugverbindungen liefern müssen, wenn es nicht außergewöhnliche Umstände sind. So war es auch hier. Kurz nach der Ankunft am entsprechenden Gate und nachdem sich dort eine kleine Traube von zwei, drei Dutzend Passagieren gebildet hatte, erschienen zwei Mitarbeiter von TAP. Eine Stunde werkelten sie am Schalter des Gates vor sich hin, bis sie den ersten Passagier baten, ihnen den Boarding Pass zu geben.
Was ich hier stark vermisste, war vor und während der Wartezeit eine beruhigende Info, dass sich irgendwie gekümmert werde. Die Passagiere standen im Grunde eine Stunde im Regen vor dem Schalter und hofften und bangten, weil die wenigstens schon einmal einen Flugausfall mitgemacht hatten. Auch als die ersten im Pulk versorgt wurden, machte nur über Mundpropaganda die Runde, dass es für die Nacht ein Hotel gäbe und dass anscheinend auch Flugverbindungen für den nächsten Tag kein Problem darstellten. Apropos Pulk: Eine Schlangenbildung gibt es in solchen Situationen wohl konsequent nicht mehr. Was stattfindet, kann mit Fug und Recht als zivilisatorischer Darwinismus bezeichnet werden, da sich alle selbst am nächsten sind. Hier würde ich mir wünschen, dass die Airlines zumindest einigermaßen versuchten, in die Abarbeitung solcher Pulks eine Linie zu bringen.
Ich selber wurde nach einer Dreiviertelstunde mit einem Weiterflug am folgenden Tag versorgt: Zuerst nach Madrid, erneut mit TAP, ein Direktflug war nicht mehr greifbar. Der Weiterflug sollte dann einige Stunden später mit Iberia bis Oviedo gehen. Gemessen an dem ursprünglichen Anreiseplan würde ich also genau einen Tag verlieren. Mit einem Bus wurden alle Passagiere in die Innenstadt in ein 5-Sterne-Hotel namens VIP Grand Lisboa Hotel & Spa verbracht. Das war in dieser Preisklasse eine nette Überraschung, wirkte aber bei meinem Kontext auch etwas seltsam. Da ich eine dreiwöchige Wandertour geplant hatte, wirkte ich mit meinen Wanderklamotten inklusive dicker Boots – ich trug natürlich keine normale Kleidung, sondern schon das, was man beim Wandern trägt – etwas fehl am Platz. Vor allem das 3-Gänge-Menü im Hotelrestaurant um 22:00 Uhr war skurril.
Ich: „Is my luggage travelling correctly?“
Service-Mitarbeiterin: „*looking at computer screen* Yes, it is on the same plane as you.“
Der Rucksack sollte also automatisch nach Madrid geleitet werden, wo ich ihn aufnehmen und neu einchecken musste, da ich dort einen Terminal- und einen Airline-Wechsel vollziehen musste. Ich war schon etwas skeptisch. Ich hatte zwar noch nie schlechte Erfahrungen mit Gepäckverlusten machen müssen, aber dass das Gepäck eine Nacht im Airport überwinterte und automatisch in Madrid ankam, da war ich mir bei Weitem nicht sicher. Ich hatte allerdings am Vorabend keine Lust verspürt, wegen meiner Paranoia zusätzlich Stress zu machen, den Rucksack die Nacht einzufordern und ihn am nächsten Tag neu aufzugeben.
Was soll ich sagen: Ich wanderte nach dem Flug von Lissabon nach Madrid am dortigen Flughafen zum Gepäckband, um den Rucksack abzuholen. Die Koffer rollten nacheinander auf das Band und wurden von den anderen Passagieren herunter genommen. Als nur noch vier bis sechs Menschen auf ihre Koffer warteten, erschien „Last baggage“ auf dem Display, und das Band hielt an. Und dann stand ich da am mutmaßlich baldigen Beginn des Wander-Urlaubs ohne Ausrüstung.
Am Schalter für vermisstes Gepäck war man geschäftig; ich war immerhin nicht der einzige aus meinem Flieger. So musste ich ein Formular mit Hoteladresse und Handynummer sowie eine Beschreibung meines Rucksacks abgeben. Die Aussage des Mitarbeiters, dass er zwar sehen könne, wo das Gepäck war, aber es sein könnte, dass der Rucksack erst Donnerstag – also fünf Tage später – einträfe, ließ mich erschaudern. Dann ging es ohne Rucksack weiter nach Oviedo und dort per Bus in die Innenstadt.
Fazit: Drei Tage Zeitverlust, ca. 500 € mutmaßlich umsonst ausgegeben für eine Ersatzausrüstung sowie 70 € Portogebühren. Dazu kamen zwei überflüssige Hotelübernachtungen in Oviedo á 31 €. Ich werde natürlich via Flightright versuchen Entschädigungen geltend zu machen und das Ergebnis in diesem Beitrag später einpflegen
Update: Ich habe eine Entschädigung von ca. 200 € bekommen (Löwenanteil der Flugtickets), aber natürlich keine Entschädigung für die (überflüssigerweise) gekaufte zweite Aufrüstung.